LG Limburg zur Frage ob die Mietwageneigenschaft offenbarungspflichtig ist
Das LG Limburg hat mit seinem Urteil vom 09.06.2017 klargestellt, dass die Mietwageneigenschaft eines gebrauchten Fahrzeugs auch ungefragt offenbart werden muss.
In dem zugrunde liegenden Fall erwarb der Käufer von einem KfZ-Händler einen gebrauchten Jahreswagen der Marke Nissan (Qashqai), mit einer Laufleistung von ca. 21.050 km. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um ein vormals als Mietfahrzeug genutztes KfZ. In der zugrunde liegenden Bestellung und der dazugehörigen Rechnung wurde die Mietwageneigenschaft nicht aufgeführt. Als der Käufer von diesem Umstand erfuhr, erklärte er die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt. Da der Händler dieses Begehren zurück wies und eine Einigung nicht erzielt werden konnte, erhob der Käufer eine Klage vor dem LG Limburg.
Im Zuge des Prozesses hatte der verkaufende KfZ-Händler vorgetragen, den Käufer bei den Vertragsverhandlungen ausdrücklich darüber aufgeklärt zu haben, dass alle von ihm angebotenen Fahrzeuge des Modells Nissan Qashqai aus dem Pool ehemalige Mietwagen seien. Nach Vernehmung aller Beteiligten im Zuge der Beweisaufnahme gelang das Gericht zur Annahme einer arglistigen Täuschung. In den Entscheidungsgründen heißt es u.a.:
Der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter, der Zeuge …, hat die Klägerin vorsätzlich über die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs getäuscht, indem er diese der Klägerin nicht offenbarte. Es liegt eine Täuschung durch Unterlassen vor.
Die Mietwageneigenschaft ist zumindest bei jungen Gebrauchtwagen mit einem Alter von unter einem Jahr und nur einem Vorbesitzer bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs eine atypische Vorbenutzung, welche negativen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs hat.
Kunden gehen davon aus, dass ein solches Fahrzeug einer stärkeren Abnutzung unterlag, da die zahlreichen Nutzer von Mietwagen aufgrund der nur kurzen und einmaligen Nutzung regelmäßig weniger pfleglich mit einem Fahrzeug umgehen, als Eigentümer oder Leasingnehmer, welche einen längerfristigen Nutzungshorizont haben
Für die Richtigkeit, der Befürchtung, ein Mietwagen werde weniger pfleglich behandelt, spricht im Übrigen die StVZO. Dieser liegt die Vorstellung zugrunde, dass Mietwagen einem erhöhten Verschleiß unterliegen und daher in kürzeren Abständen der Hauptuntersuchung unterzogen werden müssen. Gemäß Ziff. 2.2 der Anlage VIII zur StVZO beträgt die Frist für die Hauptuntersuchung lediglich zwölf Monate, wenn das untersuchungspflichtige Fahrzeug ohne Gestellung eines Fahrers gewerbsmäßig vermietet wird.
Hinzu kommt, dass wenn ein Gebrauchtwagen als "Jahreswagen" deklariert wird, die Erwartung des Verkäufers dahin geht, dieser sei zuvor gerade nicht als Mietwagen genutzt worden. Ein Jahreswagen wird nämlich als ein Gebrauchtfahrzeug aus erster Hand definiert, welches von einem Werksangehörigen ein Jahr lang ab der Erstzulassung gefahren worden ist
Demzufolge stellt die Mietwageneigenschaft nach Auffassung des LG Limburg einen preisbildenden Faktor dar.
(LG Limburg, Urt. v. 09.06.2017, Az. 2 O 197/16)
BVfK Anmerkung:
Nach Auffassung des Gerichts ist die Mietwageneigenschaft eine atypische Beschaffenheit die der Käufer nicht erwarten muss. Aus diesem Grund müsse ein KfZ-Händler auch ungefragt, also aus eigener Initiative, ausdrücklich darauf hinweisen.
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob der Umstand, dass ein Gebrauchtfahrzeug vom Vorbesitzer als Mietwagen genutzt wurde, ein wertmindernder Faktor ist. Während einige Gericht den (begrüßenswerten) Standpunkt vertreten, die Mietwagennutzung sei heutzutage keine atypische Nutzung mehr, insbesondere wenn es um sog. Jahreswagen gehe, die häufig zuvor als Mietwagen genutzt würden, vertreten andere die Auffassung, eine gewerbliche Nutzung stelle in der Regel einen wertmindernden Faktor dar (wegen Abnutzung, Verschleiß, Auslastung, Fahrerzahl), der generell aufklärungsbedürftig sei. Das LG Limburg hat sich genauso wie das LG Hamburg (leider) der letzteren Position angeschlossen.
Da die Frage einer generellen Offenbarungspflicht der Mietwageneigenschaft nach dem Besagten in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet wird und eine BGH Entscheidung zu dieser Frage noch nicht vorliegt, können wir nur empfehlen über diesen Umstand auch ungefragt aufzuklären.
M. Gross
BVfK-Rechtsabteilung
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